Schluck - Identität - Ausgabe 1
Schluck, hier kommt Schluck.
Schluck, dieses Wort ist gleich drei Generationen Weintrinkern bekannt. Und zwar aus Comic-Heften, aus einer Sprechblase, die meistens über einer Ente namens Donald schwebte. Und Donalds sein Schluck meinte ein Schluck vor Erschrecken. Unser Schluck ist eine Schluck Vergnügen, ein Schluck Wein, ein Schluck Wasser, ein Schluck von einem Brand, Destillat oder Cocktail, ein Schluck Essen. Der Schluck ist jener Moment, in dem sich der Geschmack im Mund zum Geschmack des Gaumens wandelt. Und der Schluck ist auch jene Sekunde, in der sich mancher Wein enttarnt. Im Schluck wird er entweder oberflächlich oder tiefgründig. Der Schluck ist ein Moment der Vermessung von Inhalt und Tiefe.
Schluck ist eine Zeitschrift von Julia Klüber, Christian Schärmer und Paul Truszkowski, drei Menschen, die noch nie einem Medienunternehmen vorstanden und sich für ein Printmedium entschieden haben, weil man gerade in Zeiten der Krise antizyklisch investieren und viele Dinge besser machen muss - aus Fehlern der Etablierten lernen und so auch den Etablierten zeigen, welche Lücken ihre Berichterstattung aufweist.
Doch Schluck ist nicht nur eine Ergänzung, Schluck offeriert auch - wie jede gute Zeitschrift – eine eigene Welt. Schluck will Begleiter sein. Und Freund werden. Auch wenn man sich nur zwei bis viermal im Jahr sieht. Umso größer ist die Vorfreude auf die nächste Begegnung.
Schluck will vor allem die Ränder beleuchten und von Menschen und ihren Geschichten erzählen. So etwa von Raymond de Villeneuve und seinem Chateau de Roquefort und wie die breite Solidarität seiner Kollegen ihm quasi „den Arsch rettete“, wie er selbst sagt (Seite 8). Oder von Tomoko Kuriyama, die von Japan aus über Deutschland ins Burgund ging und dort gemeinsam mit ihrem Mann eine kleines, individuelles Weingutsexperiment auf die Beine stellt (Seite 86). Alwin Jurtschitsch erklärt uns, wie ihn die australische Naturweinszene bewegt hat, Gleiches auch in Österreich zu versuchen (Seite 16) und mit Cordobar-Teilhaber Christof Ellinghaus trinken wir eine letzte Flasche Wein, die nicht die letzte bleiben wird (Seite 122).
Dazu gibt es Meinung satt von Gerhard Retter (über Ethik beim Betrinken, Seite 84), Sebastian Bordthäuser (eigentlich zum gleichen Thema, Seite 46) und Manfred Klimek (über die Steakfresser, Seite 28).
Und weil man das bisschen Trinken auch Essen kann, besuchen wir Massimo Bottura, einen der derzeit interessantesten Spitzenköche der Welt und sehen vor Ort in Modena nach, was der Dreistern-Küchenchef (Guide Michelin) und derzeitige Nummer Zwei der San-Pellegrino-Liste unter der Fusion von Molekularküche und Wirtshausessen versteht (Seite 22).
Unsere Titelgeschichte aber widmen wir einem anderen Medienprodukt und drei ermordeten Zeichnern. Die Rede ist vom Pariser Satireblatt Charlie Hebdo, das im Januar dieses Jahres Ziel eines blutigen Anschlags wurde. Die Cartoonisten Stephane Charbonnier, Georges Wollinski und Bernard Verlac zeichneten nebenbei aber auch ganz famose und wunderbar sarkastische Weinetiketten, die uns exklusiv für eine Auswahl zur Verfügung gestellt wurden (Seite 51). Nach einem dieser Etiketten hat der für seine Arbeit weit über Deutschland hinaus bekannte Fotograf Oliver Rath unser Cover gestaltet. Nur ein Hinweis, dass Schluck auch ein kontemporär gestaltetes Magazin sein will, das sich aber von den üblichen Langeweilerheften abhebt, die denken ein Mehr an Weißraum erspare ihnen guten Journalismus.
Damit ist der einzige Seitenhieb hier auch schon verteilt. Mehr davon und vor allem an andere Adressen, finden Sie im Heft. Wir wünschen viel Vergnügen beim Lesen und der altmodischen Tradition in einem Heft zu blättern.
Die Redaktion